Am Freitag wurde bekannt, dass die Bundesärztekammer (BÄK) die neue GOÄ – komplett mit Preisschildern – in Richtung Bundesgesundheitsministerium geschickt hat. Dass die Kammer dabei die letzten Verhandlungen mit dem PKV-Verband nicht abwartet, liegt offenbar nicht nur an den entsprechenden Beschlüssen des Ärztetages.
Die GOÄ-Testabrechnungen will die BÄK noch im Januar mit den Fachverbänden besprechen.

Insgesamt 5.595 Gebührenordnungsziffern sind in der neuen GOÄ zu finden. Das Machwerk gemeinsam mit zahlreichen Fachverbänden auf den Weg zu bringen, war ein Kraftakt für die Bundesärztekammer. Seit der Paragrafenteil und die umfangreichen Leistungsbeschreibungen fertiggestellt sind, heißt es, dass „nur noch“ die Preisschilder mit dem PKV-Verband verhandelt werden müssten. Bereits im vergangenen Sommer betonte PKV-Verbandschef Ralf Karntak, dass es bei den meisten Ziffern Vorschläge gebe, bei denen man „relativ dicht beieinander“ sei. Doch offenbar ist das letzte Stück des Weges schwer – und bei einigen Leistungsziffern keine Einigung in Sicht. Die GOÄneu steckt seit Monaten an diesem Punkt fest.
Die Delegierten des Deutschen Ärztetages hatten im Mai in Bremen aber deutlich gemacht, dass ihre Geduld endlich ist: Im Beschluss Ic - 137 „Gebührenordnung für Ärzte jetzt umsetzen“ geben sie der Spitze der Bundesärztekammer den Auftrag, die neue GOÄ zum Jahresende an Lauterbach zu schicken. Als Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung PKV betont die BÄK bei der Übersendung an das Ministerium nun, dass das Novellierungsverfahren jetzt eingeleitet werden müsse, „um Verzögerungen zu vermeiden“.

Verzögerungen befürchten einige Insider nämlich, da sich die Gespräche zwischen BÄK und PKV um die Preise angesichts der Ergebnisse des vereinbarten Testbetriebs offenbar verkomplizieren. Zur Erinnerung: Die Kammer pocht darauf, dass alle Preise und eigenen Zahlen sauber betriebswirtschaftlich kalkuliert seien. Um letzte Zweifel zu zerstreuen, vereinbarten beide Seiten einen Testlauf: Seit Oktober 2022 wurden 1.500 Rechnungen aus dem Jahr 2021 – zum Abgleich jeweils durch die privatärztlichen Verrechnungsstellen als auch durch PKV-Mitgliedsunternehmen und Vertreter der Beihilfe – in die neue Gebührenordnung übersetzt und bewertet. „Dieser Testbetrieb dient dazu, die Auswirkungen der neuen GOÄ auf die Ausgabenentwicklung abschätzen zu können“, heißt es dazu aus der BÄK.
Doch was die Kostenträger beim Vergleich der neuen und alten Gebührenordnung bislang entdeckten, scheint ihnen wenig zu gefallen. Dies legt ein Schreiben des Berufsverbandes der Anästhesisten (BDA) vom Dezember nahe, das dem änd vorliegt. Der Verband beschwert sich darin, seitens der PKV „im Rahmen des sog. Pretests (…) zum wiederholten Male mit nicht nachvollziehbaren und falschen Berechnungen bezüglich der anästhesiologischen Leistungskomplexe mit angeblich exorbitanten Steigerungsraten konfrontiert“ worden zu sein. Aufgrund eigener Datenanalysen ließen sich diese nicht nachvollziehbaren Berechnungen des PKV-Verbandes widerlegen.

Der BDA betrachte es laut Schreiben „mittlerweile als Affront“, von immer wieder unterschiedlichen Vertretern der privaten Krankenversicherer mit redundanten und grob fehlerhaften Annahmen konfrontiert zu werden. „Die Selektion einzelner exotischer oder grob falsch berechneter Fallkonstellationen, die stoische Nichtberücksichtigung komplexierter Einzelleistungen und die Verweigerung einer Diskussion über betriebswirtschaftliche Grundlagen muss entweder als unseriöses Verhandlungskalkül oder als Ausdruck fehlender Kompetenz bezüglich des Versorgungsgeschehens, der medizinischen und der betriebswirtschaftlichen Grundlagen gewertet werden“, lautet das düstere Fazit des Verbandes.

Um die Blockadehaltung der Vertreter der PKV zu beenden, könne als Conclusio nur von der Bundesärztekammer gefordert werden, „den von der Ärzteschaft inhaltlich und betriebswirtschaftlich erarbeiteten Entwurf einer neuen GOÄ an das BMG zu übermitteln“. Der BDA sei nicht mehr bereit Ressourcen für ein offensichtlich zum Scheitern verurteiltes „Konsensprojekt“ aufzuwenden.
Neben dem Auftrag das Ärztetages also ein zweiter Grund für die BÄK, den arzteigenen Vorschlag direkt an Lauterbach zu schicken. Über die Ergebnisse der GOÄneu-Tests und den aktuellen Verhandlungsstand will die Kammer mit den ärztlichen Berufsverbänden und Fachgesellschaften noch im Januar diskutieren.