Berlin (pag) – Während und nach der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 ist die Zahl der Krebsoperationen deutlich gesunken. Das zeigt eine Analyse der Barmer in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Würzburg. Die Wissenschaftler befürchten ähnliche Effekte auch für die zweite und dritte Welle.

Insbesondere in den ersten Monaten der Corona-Pandemie waren die Wartezimmer vieler Arztpraxen leer. Dabei ist offenbar auch die Krebsvorsorge der Angst vor dem Virus zum Opfer gefallen. Laut einer neuen Analyse der Barmer, in deren Rahmen größere Operationen bei neun Krebsarten ausgewertet wurden, dürften allein im Zeitraum der ersten Welle rund 2.600 Krebserkrankungen unentdeckt geblieben sein. Vor allem an Dickdarm (-21,3 Prozent), Mastdarm (-20,6), Brust (-20,4) und Lunge (-16,2) wurden zwischen April und Juni deutlich weniger Eingriffe durchgeführt als im Vergleichszeitraum der vorangegangenen drei Jahre. Barmer-Vorstandschef Prof. Christoph Straub wertet die versäumten Vorsorgeuntersuchungen und unerkannten Krankheiten als „eine weitere gravierende Folge der Corona-Pandemie“.

Die Analyse zeigt zudem, dass in den Monaten nach Abflauen der ersten Ansteckungswelle mit Sars-CoV-2 offenbar kaum Eingriffe nachgeholt wurden. Lediglich für Krebsoperationen an Bauchspeicheldrüse (+6,9 Prozent), Niere (+3,2) und Lunge (+2,2) sind zwischen Juli und Oktober demnach leichte Zuwächse gegenüber den Vorjahren zu verzeichnen. Sie gleichen die Rückgänge aus dem Frühjahr jedoch bei Weitem nicht aus. Ganz im Gegenteil: An anderen Organen wie Magen (-28 Prozent), Mastdarm (-24,8), Dickdarm (-12,5) und Prostata (-9,5) fanden auch im Sommer und Herbst deutlich weniger Eingriffe statt als üblich. PD Armin Wiegering vom Universitätsklinikum Würzburg weist auf die langfristigen Folgen hin: Eine aktuelle Berechnung aus England zeige, dass die Verzögerung einer Krebsoperation um drei oder sechs Monate die Fünf-Jahres-Überlebensrate um mehr als 35 Prozent reduzieren könne. „Dies wiegt umso schwerer, weil zu befürchten ist, dass auch während der zweiten und dritten Pandemiewelle zahlreiche Krebserkrankungen unentdeckt bleiben“, so Wiegering.

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