Berlin (pag) – Patienten sollen nach Behandlungen nicht mehr in der Klinik übernachten, sondern zu Hause. Das empfiehlt die Krankenhaus-Regierungskommission in ihrer zweiten Stellungnahme. Ihr Vorsitzender Prof. Tom Bschor sagt, dass das Potenzial für Tagesbehandlungen bei 25 Prozent aller vollstationären Leistungen liege. Er spricht von einem „Gamechanger“ und „Paradigmenwechsel“.

In anderen Ländern wie etwa den USA sei das bereits gang und gäbe, erzählt Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD). „Nachts ist der Patient immer zu Hause“, betont er. Die Kommission und der Minister versprechen sich von dieser geplanten Regelung eine Entlastung des Personals sowie eine Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufs.

Vergütet würden die Leistungen trotzdem nach DRGs – minus die Übernachtung, führt Bschor aus. Das würde 140 bis 150 Euro ausmachen.

Die Tagesbehandlung setze zwingend voraus, dass am Ort der Behandlung Krankenhausstrukturen bestehen und eine Notfallbehandlung sowie Übernachtungen bei Komplikationen möglich seien. Für komplexe und risikoreiche OPs komme diese Regelung nicht in Betracht. Die Häuser sollen im Einzelfall entscheiden, das Einverständnis der Patienten vorausgesetzt. Eine Tagesbehandlung könne sich auch über mehrere Tage erstrecken.

Prof. Tom Bschor © pag, Fiolka
Prof. Tom Bschor © pag, Fiolka

Diese rein stationäre Ambulantisierung werde nach zwölf und 24 Monaten evaluiert, schlägt die Kommission vor. Untersucht werden soll, in welchem Ausmaß und für welche DRGs Tagesbehandlungen stattfanden. Diese könnten dann in einem weiteren Reformschritt auch für den vertragsärztlichen Bereich geöffnet werden – „bei identischer Vergütung und unter Beachtung festzulegender Qualitätsstandards“.

Greifen soll die Regelung ab dem 1. Januar 2023. Notwendig sei dafür ein Gesetz, meint Lauterbach. Der Zeitplan ist auf der einen Seite ambitioniert. Auf der anderen Seite könnte es dann fast schon zu spät sein. Denn bereits im Herbst rechnet Bschor angesichts der gerade einsetzenden Corona-Welle mit einer Verschärfung des Personalmangels. Kritik kommt von den Kassen: Der AOK-Bundesverband zweifelt an der Effizienz, der Verband der Ersatzkassen rechnet mit höheren Kosten.

 

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