20.03.2020

Nürnberg. Die Corona-Pandemie wird die Intensivmedizin in Deutschland innerhalb weniger Tage an ihre Leistungsgrenze bringen: „Die Kurve der Patientenzahlen wird in den nächsten zwei Wochen noch allmählich, dann aber sprunghaft ansteigen“, sagt Professor Dr. Gernot Marx, Sprecher des Arbeitskreises Intensivmedizin der „Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin“ (DGAI). Besonders die großen Kliniken seien schon jetzt stark ausgelastet, in den nächsten Wochen würden sie dann maximal gefordert.

Zusätzliche Sorgen bereitet den Medizinern die Knappheit an Verbrauchsmaterialien und Medikamenten. Das Narkosemittel Propofol, bei dem es schon vor dem Ausbruch des Corona-Virus immer wieder zu Lieferengpässen gekommen war, steht nicht mehr ausreichend zur Verfügung. Innerhalb weniger Tage hat sich der Preis pro Ampulle von einem auf mehr als 20 Euro erhöht: „Das bedeutet: Narkosen von Notfallpatienten könnten gefährdet und die Möglichkeiten, Kranke auf der Intensivstation zur Beatmung in ,künstlichen Schlaf‘ zu versetzen, bald stark eingeschränkt sein“, macht Marx deutlich. Hinzu kommt, dass unverzichtbare Güter wie Einmalhandschuhe, Masken und Absaugsets immer knapper werden.
 


In der verbleibenden Zeit bis zur Vollbelegung der regulären und der zusätzlich eingerichteten Intensivstationen in den Krankenhäusern versuchen die Intensivmediziner, weiteres Personal im Umgang mit Intensivpatienten und Beatmungen zu schulen: „Wir trainieren Schwestern und Pfleger, die durch die Reduzierung des Betriebs auf anderen Stationen und in Funktionsbereichen frei werden, für ihren kommenden Einsatz“, erläutert Intensivmediziner Marx. Auch Medizinstudenten sollen rekrutiert werden.

Die Kräfte werden in allen verfügbaren Räumen der Krankenhäuser arbeiten und Corona-Patienten versorgen: Auf Intensivstationen, die stillgelegt waren und wieder in Betrieb genommen werden, in Aufwachräumen, die eigentlich zur Überwachung von Patienten nach Narkosen gedacht sind, und sogar in Operationssälen, die für Eingriffe gesperrt werden: „Alle Kliniken in Deutschland sollten unbedingt dem Appell nachkommen, nur noch dringende Operationen durchzuführen“, sagt Marx. Jetzt würden alle - aber wirklich alle - Kapazitäten im Kampf gegen das Corona-Virus und zur Vermeidung von Todesfällen gebraucht!