Erlangen/Berlin (pag) – Derzeit gibt es in der klinischen Versorgung bei mehr als dreihundert Produkten einen Engpass – „ein untragbarer Zustand“, betont Krankenhausapotheker Prof. Frank Dörje gegenüber der Presseagentur Gesundheit.
Dörje ist Leiter der Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen und engagiert sich im Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA). Der Verband engagiert sich im Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Wie Dörje berichtet, hat das Gremium bereits 2019 sehr deutliche Empfehlungen für die Berücksichtigung der allgemeinen Arzneimittel-Liefersicherheit bei Lieferverträgen zwischen Industrie und Krankenhäusern ausgesprochen. „Das heißt mit anderen Worten: Das Zuschlagskriterium ‚billigst‘ ist obsolet!“, betont der Apotheker.
Das Eckpunktepapier aus dem Bundesgesundheitsministerium zum Thema Engpässe begrüßt der Experte als „ersten Schritt in die richtige Richtung“. Die Handlungsfelder „Aufhebung von billigst Rabattverträgen“ – zunächst bei bestimmten Arzneimitteln für Kinder und in der Onkologie beziehungsweise Infektiologie –, „Standortstärkung zur Produktion von Arzneistoffen in Europa“ – zunächst Onkologika und Antibiotika – und „bessere Erkennung von Versorgungsengpässen“ – Stärkung des BfArM und des Beirates – seien richtig gewählt. Die Praxis müsse zeigen, ob die Maßnahmen die gewünschte Wirkung haben.
Für Dörje ist die grundlegende Lösung der Arzneimittel-Lieferproblematik auch eine gesellschaftspolitische Frage. Sie laute: „Wieviel ist es uns wert, dass wir unabhängig von ‚billigst‘ Weltmarktperspektiven die Produktion von zumindest versorgungskritischen Arzneistoffen zu einem erheblichen Anteil wieder in Europa durchführen und diese nicht oligopol- oder gar monopolistisch in China oder Indien stattfindet?“ Diese Frage habe auch etwas mit Daseinsfürsorge und Unabhängigkeit zu tun. „Sie ist mehr denn je in der heutigen Zeit hochrelevant“, meint der Apotheker.
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