Essen (pag) – Die Freie Ärzteschaft (FÄ) kritisiert die sogenannte E-Evidence-Verordnung, die sich gerade im Gesetzgebungsprozess der EU befindet. Sie bedeute ein Ende der ärztlichen Schweigepflicht und der informationellen Selbstbestimmung.

Mithilfe der „Verordnung über europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen“ sollen Staaten bald in der Lage sein, grenzüberschreitend die Herausgabe von in Clouds gespeicherten Bestands-, Verkehrs- und Inhaltsdaten von EU-Bürgern eines anderen Staates anzufordern. Bei einem in Deutschland durchgeführten legalen Schwangerschaftsabbruch, der in einem anderen EU-Land strafbar ist, könnte ein Staatsanwalt dieses Landes auf die internen Daten der Abtreibungsklinik oder -praxis in Deutschland zugreifen. FÄ-Vizevorsitzende Dr. Silke Lüder befürchtet: „Da alle ärztlichen Daten in Deutschland künftig in Form von elektronischen Patientenakten (ePA) bei IT-Firmen in der Cloud gespeichert werden sollen, sind auch sie nicht mehr vor der Ausforschung durch andere Staaten geschützt.“ Die ärztliche Schweigepflicht und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung seien dann „nur noch Makulatur“.

Der Gesetzentwurf hat das EU-Parlament bereits passiert. Datenschutzbehörden sowie viele Verbände kritisieren die Verordnung massiv. Nach Ansicht des FÄ-Vorsitzenden Wieland Dietrich bestärkt dies „alle kritischen Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland, ihren Widerstand gegen die Verlagerung aller sensiblen Krankheitsdaten in die Clouds großer IT-Firmen fortzuführen“. Dies gelte insbesondere für jede elektronische Patientenakte.

„Aus dem Ministerium von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kommt massiver Druck auf die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, die sich aus Gründen der Schweigepflicht bislang nicht an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen haben“, so Dietrich weiter. Große Teile der Praxisärzte hätten sich nur aufgrund drohender finanzieller Strafen an die TI angeschlossen. Von dem Projekt überzeugt seien sie nicht. Sie fürchteten vielmehr eine massive Belastung der Arbeitsabläufe und eine Gefährdung ihrer Praxisdaten.

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