Düsseldorf (pag) – Auf eine Diskussionsveranstaltung der Ärztekammer Nordrhein wird über Triage in Pandemiezeiten diskutiert. Heftige Kritik gibt es an der Leitlinie der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).

Sollte es in hierzulande zu Zuständen wie in Bergamo 2020 kommen, wäre dies ein Todesurteil für Menschen mit Behinderungen oder Komorbiditäten, sagt Nancy Poser, Richterin am Amtsgericht Trier. Sie ist eine der Beschwerdeführerinnen vor dem Bundesverfassungsgericht, die das Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht in der DIVI-Leitlinie zu „Entscheidungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen im Kontext der COVID-19-Pandemie“ kritisieren. Man müsse sich fragen, „ob nicht eine Entscheidung nach Erfolgswahrscheinlichkeit Menschen mit Behinderungen immer diskriminieren wird“, so Poser.

Ärzte seien nicht in der Lage, in einer solchen Stresssituation die Behinderung oder Komorbiditäten von Patienten außen vor zu lassen. Spezialisten für die jeweilige Erkrankung seien selten vor Ort. Die Juristin schlägt als Alternative eine Randomisierung vor. DIVI-Präsident Prof. Gernot Marx lehnt dies ab: „Alles, was ich als Arzt einbringen kann, wäre dann weg. Das kann nicht im Sinne unserer Patienten sein.“ Die DIVI hält auch weiterhin am Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht fest. „Man muss klar differenzieren, es geht tatsächlich um die akute Erkrankung“, sagt Marx. Die Ärzte sollen alle wesentlichen die Erfolgsaussicht beeinflussenden Faktoren berücksichtigen: aktuelle Erkrankung, Komorbiditäten und allgemeiner Gesundheitszustand. Der prämorbide Status stehe dabei „deutlich“ als letztes.

Die Verteilung von Patienten nach dem Kleeblattprinzip hat Marx zufolge bisher Triage-Situationen auf den Intensivstationen verhindert. Laut Dr. Maria del Pilar Andrino, Leiterin des Gesundheitszentrums Franz-Sales-Haus in Essen, hat jedoch eine ambulante Vor-Triage die Kliniken entlastet. „Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderung nicht aus ihrem Zuhause abgeholt und überhaupt nicht in die Klinik gebracht worden sind.“

 

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