Berlin (pag) – Der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) erntet viel Spott für die Aussage, die Einführung einer gesetzlichen Corona-Impfpflicht könne am Papiermangel scheitern. Das ist aber nur ein Problem, das die Kassen nennen. Und sie sind nicht die einzigen mit Bedenken, zeigt die öffentliche Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss.

GKV-SV-Chefin Dr. Doris Pfeiffer © pag, Fiolka
GKV-SV-Chefin Dr. Doris Pfeiffer © pag, Fiolka

Dort stellt GKV-SV-Chefin Dr. Doris Pfeiffer klar: „Wir haben uns an keiner Stelle gegen eine Impfpflicht ausgesprochen.“ Sie stört sich an der Kontrollfunktion, welche die Kassen bei einer Impfpflicht für alle Erwachsenen sowie bei der Impfpflicht für Über-50-Jährige – beides Gruppenentwürfe – übernehmen soll. Das sei eine staatliche Aufgabe. Der vermeintliche Papiermangel wird in der schriftlichen Stellungnahme des Verbands angeführt: Um ihre Versicherten über die Impfpflicht zu informieren, müssten die Kassen 120 Millionen Schreiben versenden. Dafür fehle aber das Material.

Neben diesen beiden Gesetzentwürfen steht außerdem der Antrag zum Impfvorsorgegesetz der CDU/CSU zur Diskussion. Er sieht eine Pflicht nur als letztes Mittel und nur für zu bestimmende Bevölkerungsgruppen vor, die mithilfe eines Registers identifiziert werden sollen. Ein weiterer Gruppenantrag spricht sich gegen eine Impfpflicht aus. Auch die AfD hat einen eigenen Antrag gegen diese Maßnahme eingereicht.

Die Virologin Prof. Melanie Brinkmann schließt eine Herbstwelle mit der Delta-Variante nicht aus. „Wenigstens“ die Impflücke der Über-50-Jährigen sollte deswegen geschlossen werden. Da der Schutz erst nach vier Monaten und drei Impfungen vollständig sei, müsste man deutlich vor dem Herbst mit den Impfungen anfangen. Prof. Klaus Stöhr, ebenfalls Virologe, hält dagegen. „Innerhalb von vier Wochen würde man einen sehr guten Immunschutz nach der zweiten Impfung haben.“

Eine allgemeine Impfpflicht könne nicht jetzt schon mit einer hypothetischen schweren Herbstwelle begründet werden, sagt die Juristin Prof. Frauke Rostalski. Verfassungsrechtler Prof. Hinnerk Wissmann hält dagegen die allgemeine Impfpflicht für verfassungsgemäß. „Es gibt keinen Vorrang der Impffreiheit vor allen anderen Grundrechtsbeschränkungen.“

 

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