Bochum (pag) – Das Ultima-Ratio-Prinzip der Krankenkassen in der Adipositaschirurgie verhindert laut einem Gutachten die leitliniengerechte Versorgung von Patienten. Oft seien die Operationen konservativen Behandlungsmöglichkeiten überlegen.

Die Adipositaschirurgie gilt bislang als Ultima Ratio, sie soll erst zum Einsatz kommen, wenn konservative Therapien erschöpft sind. Die Operationen werden von vielen Krankenkassen nicht als Regelleistung akzeptiert und stehen unter Genehmigungsvorbehalt. Ein Rechtsgutachten unter Federführung von Prof. Stefan Huster (Ruhr-Universität Bochum) kritisiert nun, dass dies nicht mehr dem Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Leitlinien und klinischen Evidenz entspricht. Das Gutachten wurde im Auftrag des Bundesverband Medizintechnologie erstellt.

Die Genehmigungspraxis führe zu großen regionalen Versorgungsunterschieden. Außerdem würden die Leistungen der bariatrischen Chirurgie hierzulande mit 27,5 Operationen pro 100.000 Erwachsene (2020) deutlich seltener erbracht als in anderen Ländern. Somit finde „keine flächendeckende, leitlinien- und bedarfsgerechte Versorgung“ von Patienten mit hochgradiger Adipositas statt.

Eine Antragspflicht der Kliniken für die Durchführung eines bariatrischen Eingriffs besteht aus Sicht der Autoren grundsätzlich nicht und entspreche nicht der Rechtslage. Die aktuelle Studienlage belege, dass der zu erwartende Behandlungserfolg bariatrischer Operationen „vielfach den konservativen Behandlungsmöglichkeiten überlegen ist“, heißt es in dem Gutachten. Der Begutachtungsleitfaden des Medizinischen Dienstes unterliege einer Fehlinterpretation der Studienlage und gehe irrtümlich von einer Wirksamkeit konservativer Behandlungsmethoden bei hochgradiger Adipositaserkrankung aus. Der Leitfaden trage daher zur Streitanfälligkeit des Leistungsbereichs bei „und sollte überarbeitet werden“.

 

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