Karlsruhe (pag) – Der Bundesgerichtshof (BGH) stärkt die Patientenrechte. In einem jetzt veröffentlichten Urteil legt der sechste Zivilsenat fest, dass Gerichte nicht von der hypothetischen Zustimmung eines Patienten zu einem medizinischen Eingriff ausgehen dürfen.

In Arzthaftungsprozessen dürfen Gerichte nicht einfach davon ausgehen, dass sich ein Patient bei ausreichender Aufklärung für einen Eingriff entschieden hätte. Stattdessen sei eine persönliche Anhörung nötig, um die Motive zu verstehen und sich einen Eindruck zu verschaffen, so die Karlsruher Richter. Im konkreten Fall geht es um einen Mann, der nach zwei Laser-Behandlungen an den Augen Schadenersatz und Schmerzensgeld von seinem Augenarzt fordert. Nachdem es bei der geplanten Lasik-Operation zu Problemen gekommen war, nutze der Arzt eine andere Methode, die sogenannte photoreaktive Excimer-Laserbehandlung. Über die Risiken dieser zweiten Operationstechnik wurde der Patient nicht aufgeklärt. Er litt später unter Sehstörungen und Augentrockenheit, die er auf den Eingriff zurückführte.

Sowohl das Landgericht Potsdam wie auch das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) gingen zuvor davon aus, dass der Patient dem Eingriff auch mit Aufklärung zugestimmt hätte – zu Unrecht, wie das BGH jetzt feststellt. Das OLG hätte den Betroffenen persönlich anhören müssen. An die Annahme einer fiktiven Einwilligung seien strenge Anforderungen zu stellen, so die Richter. Andernfalls könne der Aufklärungsanspruch des Patienten unterlaufen werden. Wenn der Patient zur Überzeugung des Tatrichters plausibel mache, dass er vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte, treffe den Arzt die Beweislast bezüglich der hypothetischen Einwilligung. An die Darlegung eines solchen Konflikts seien keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Der BGH verweist die Sache zur weiteren Prüfung zurück an das OLG.

(Aktenzeichen: VI ZR 310/21)

 

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