Karlsruhe (pag) – Patienten müssen von ihren Behandlern rechtzeitig über die Risiken einer bevorstehenden Behandlung aufgeklärt werden. Eine zwingend einzuhaltende Bedenkzeit gibt es aber nicht, urteilt der Bundesgerichtshof (BGH) in einer jetzt veröffentlichten Leitsatzentscheidung.

Im konkreten Fall geht es um einen Mann, der an chronisch rezidivierenden Ohrentzündungen und Paukenergüssen leidet. Er sucht 2013 eine HNO-Klinik in Bremen auf, wo ihm geraten wird, seine Nasenscheidewand zu begradigen und die Nebenhöhlen sanieren zu lassen. Über die Risiken des beabsichtigten Eingriffs wird er aufgeklärt und unterzeichnet am gleichen Tag ein Einwilligungsformular. Drei Tage später wird der Eingriff durchgeführt, dabei kommt es zu Hirnblutungen durch eine Verletzung der Dura und eine Durchtrennung des Riechnervs links. Der Patient wird in der Folgezeit umfassend stationär und ambulant behandelt.

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch muss die Aufklärung über einen bevorstehenden Eingriff „so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann“. Die Richter stellen aber klar: Die Bestimmung „enthält kein Erfordernis, wonach zwischen Aufklärung und Einwilligung ein bestimmter Zeitraum liegen müsste“. Sieht sich der Patient bereits nach dem Aufklärungsgespräch zu einer wohlüberlegten Entscheidung in der Lage, „ist es sein gutes Recht, die Einwilligung sofort zu erteilen“. Außerdem könne man erwarten, dass ein Patient seinen Wunsch nach mehr Bedenkzeit gegenüber dem Arzt zum Ausdruck bringt.

Mit seinem Urteil (VI ZR 375/21) widerspricht der BGH dem Oberlandesgericht (OLG) Bremen, dass dem Patienten zuvor Schadenersatz zugesprochen hatte. Der Fall wird nun ans OLG zurückverwiesen, um zu klären, ob möglicherweise ein Behandlungsfehler vorlag.

 

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