Nürnberg. Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) und der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) warnen vor den gravierenden Auswirkungen eines pauschalen PFAS-Verbots ab 2025 auf die Sicherstellung der medizinischen Behandlung von jährlich mehr als 10 Millionen Patientinnen und Patienten in Anästhesie und Intensivmedizin.

Hintergrund: In einer untergesetzlichen Regelung plant die EU-Kommission ab 2025 ein weitreichendes und undifferenziertes Verbot von rund 10.000 Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS). Viele dieser Substanzen sind bislang unverzichtbar und alternativlos. Grundlage dieser geplanten Regelung bildet der Entwurf einer umfassenden PFAS-Beschränkung, der im Januar 2023 von der europäischen Chemikalienagentur ECHA im sogenannten Ausschussverfahren unter der REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals; zu Deutsch: Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien) vorgelegt wurde.

DGAI und BDA lehnen diese geplante breite Regulierung ganzer Stoffgruppen unabhängig von deren konkret nachgewiesenem Risiko strikt ab, denn es geht um eine große Gruppe von mehr als 10.000 Einzelsubstanzen. Auf einige dieser Stoffe muss und kann sicherlich schnellstmöglich verzichtet werden, andere sind gerade in Medizinprodukten derzeit alternativlos. So fallen eine Reihe von Substanzen unter das Pauschalverbot, die u.a. für die Herstellung von Membranen in Beatmungs- und Dialysegeräten, Herz-Lungenmaschinen und in Schläuchen verwendet sowie für die Produktion hochwertiger Arzneimittel und  von Produkten mit Blutkontakt oder Verpackungen für steril in Verkehr gebrachte Medizinprodukte benötigt werden.

In vielen dieser Produkte können die PFAS jedoch nicht bis 2025 durch qualitativ gleichwertige Stoffe ersetzt werden. Die Entwicklung von Alternativen, deren klinische Validierung und Biokompatibilitätsprüfung, ist zeitaufwendig, nicht zuletzt aufgrund der hohen regulatorischen Anforderungen der Medical Device Regulation (MDR). Diese Produkte könnten dann durch die geplante kurze Übergangsfrist nicht mehr hergestellt und verwendet werden. „Dies wird, wenn die Politik nicht gegensteuert, zu einer erheblichen Gefährdung der Patientinnen und Patienten führen“, stellt Prof. Dr. Alexander Schleppers, Ärztlicher Geschäftsführer BDA / DGAI, fest.

DGAI und BDA fordern daher einen differenzierten Ansatz mit deutlich längeren Übergangsfristen und Ausnahmen für alternativlose Kunststoffe in Medizinprodukten sowie einen wissenschaftlichen Nachweis der Schädlichkeit der verschiedenen Substanzen verbunden mit einer Risiko-Nutzen Abwägung eines Verbots unter besonderer Berücksichtigung der Patientensicherheit. Die Politik und insbesondere das Bundesgesundheitsministerium müssen jetzt handeln.