Nürnberg. Angesichts der jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Krieg und der zunehmend scharfen Bedrohungs-Rhetorik aus Moskau hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach in einem Interview Initiativen angekündigt, das deutsche Gesundheitswesen besser gegen Krisen und auch für mögliche militärische Konflikte zu rüsten. In diesem Zusammenhang betont der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) die überaus wichtige Rolle des Fachbereichs Anästhesiologie mit den Tätigkeitsbereichen der intraoperativ-anästhesiologischen Versorgung, der Intensivmedizin, der Notfallmedizin und der Schmerzmedizin in solchen Krisensituationen – und muss feststellen, dass es genau der Fachbereich ist, dessen Belange in den bisherigen Reform-Debatten nur ungenügend gewürdigt und kaum berücksichtigt werden.

„Es ist bedauerlich, dass dieser Schlüsselbereich des Gesundheitswesens mit allen insbesondere in Krisenfällen geforderten Kernkompetenzen bei den aktuellen Reformplänen weitgehend ausgeklammert und nicht angemessen auf- und ausgebaut wird“, erklärt BDA-Präsidentin Prof. Dr. Grietje Beck. Die Krisenresistenz des Versorgungssystems hänge unmittelbar von der Ausstattung und Funktionsfähigkeit sowohl der anästhesiologisch geleiteten Krankenhausabteilungen als auch der anästhesiologisch ambulanten Versorgung ab.  „Wenn Kliniken und Praxen für Anästhesiologie in Friedenszeiten unterbesetzt und unterfinanziert sind, können wir auch in Krisenzeiten nicht angemessen reagieren“, macht sie deutlich.

Strukturen jetzt stärken, um für Krisenzeiten gewappnet zu sein

Die Klinken für Anästhesiologie stellen in Deutschland neben der intraoperativen Versorgung den Großteil der Intensivstationen und sind als eine der stärksten Fachgruppen in der notfallmedizinischen Versorgung tätig. Der BDA fordert daher, anästhesiologische Strukturen gerade jetzt zu stärken und zu stabilisieren, um für Krisenzeiten gewappnet zu sein. Professor Beck: „Die Anästhesiologie spielt eine unverzichtbare Rolle in der Versorgung schwerkranker und verletzter Patienten. Wenn dies im Rahmen der Planungen nicht bedacht wird, riskieren wir im Ernstfall eine Kapitulation vor größeren Herausforderungen“.

In Krisenfällen müssen die sofortige notfallmedizinische Versorgung, die intensivmedizinische Behandlung von Schwerstverletzten und die intraoperative anästhesiologische Versorgung sichergestellt sein. In den von Bundesminister Lauterbach skizzierten Szenarien müssen alle verfügbaren Ressourcen des Fachbereiches, ambulant wie stationär zur Verfügung stehen, um die zu erwartende Anzahl von Verletzten versorgen zu können. „Besonders Anästhesistinnen und Anästhesisten sind es, die in Krisenzeiten maximal gefordert sind, das haben wir zuletzt während der Corona-Pandemie gesehen und in diesen Zeiten unsere Kompetenz unter Beweis gestellt.", so die BDA-Präsidentin und warnt: „Krisenresistenz beginnt in Friedenszeiten, alle heute gemachten Fehler werden im Ernstfall nicht mehr korrigierbar sein.“

Der BDA appelliert eindringlich an das Gesundheitsministerium, in die Krisenpläne einbezogen zu werden und angemessene Mittel bereitzustellen, um eine adäquate Versorgung sicherzustellen zu können. In einem Schreiben an den Bundesgesundheitsminister hat der Verband seine konstruktive Mitarbeit angeboten.