CIRS-AINS Fall des Monats Quartal 2/2024
Neue Ausgabe des CIRS-AINS Fall des Monats
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Nürnberg. Anlässlich des Tags der Intensivmedizin am Samstag, 15. Juni, würdigen die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) sowie der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) die herausragende Arbeit aller Fachkräfte auf den Intensivstationen in Deutschland.
Jährlich werden auf deutschen Intensivstationen etwa zwei Millionen Patientinnen und Patienten behandelt, von denen weit über 90 Prozent zurück ins Leben gebracht werden. 60 Prozent dieser Patienten werden von Anästhesistinnen und Anästhesisten betreut. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Versorgung kritisch kranker Patientinnen und Patienten und haben besonders während der Corona-Pandemie außergewöhnliche Leistungen erbracht.
Die Pandemie hat auch die immense Bedeutung der Intensivmedizin in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Intensivmediziner standen im Zentrum der Bemühungen, die Versorgung der schwersten COVID-19-Fälle sicherzustellen. „Die pandemiebedingten Herausforderungen haben gezeigt, wie wichtig es ist, gut ausgebildete Fachkräfte und moderne Technologien in der Intensivmedizin zu haben“, betont DGAI-Präsident Professor Dr. Benedikt Pannen.
Vor diesem Hintergrund sei die Einführung der sogenannten „Intensivzentren“, die im vergangenen Herbst vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen wurde, ein bedeutender Fortschritt in der Intensivmedizin. Kliniken, die die strengen Anforderungen erfüllen, können nun künftig finanzielle Zuschläge erhalten, wenn sie besondere Aufgaben wahrnehmen. Dazu zählen die Übernahme einer Mentorenfunktion für andere Kliniken, das Angebot von Fort- und Weiterbildungen sowie die Beratung anderer Krankenhäuser via telemedizinischer Fallkonferenzen und Visiten. „Der Beschluss ermöglicht eine innovative und digital vernetzte Patientenversorgung und gewährleistet, dass Intensivmedizin dauerhaft und strukturell fest verankert zur Stabilität des deutschen Gesundheitssystems beiträgt“, erklärt der DGAI-Präsident.
Durch die strukturierte Vernetzung von regionalen Versorgern mit den intensivmedizinischen Leuchttürmen können auch hochkomplexe Therapieverfahren zeitnah allen Patientinnen und Patienten innerhalb des Netzwerkes zur Verfügung gestellt werden. „So wird z.B. auch die Durchführung der ECMO-Therapie beim akuten Lungenversagen, welche während der Pandemie eine genuine Aufgabe der größeren Kliniken war, Bestandteil des Portfolios dieser intensivmedizinischen Zentren sein. Dies wird die Versorgungsqualität sowohl bei der initialen Patientenauswahl, als auch bei der eigentlichen ECMO-Behandlung nachhaltig verbessern“, ist sich Prof. Dr. Thorsten Brenner, Sprecher der Sektion Intensivmedizin der DGAI, sicher.
Die Einführung der Intensivzentren wird auch der Telemedizin einen deutlichen Vorschub leisten, zeigt sich Prof. Dr. Gernot Marx überzeugt. Er ist Leiter der Klinik für Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen und wird ab 2025 die Präsidentschaft der DGAI übernehmen. „Telemedizin ermöglicht eine direkte Interaktion rund um die Uhr über weite Entfernungen zwischen Intensivmedizinern und medizinischen Teams, die Patienten in Krankenhäusern oder Arztpraxen ohne direkten Zugang zu den intensivmedizinischen Experten betreuen. Auf diesem Weg kann höchste medizinische Expertise schnell und unkompliziert flächendeckend verfügbar gemacht werden“, erläutert er. Studien konnten bereits zeigen, dass sich durch Tele-Intensivmedizin sowohl die Sterblichkeit als auch die Komplikationsrate und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation sowie im Krankenhaus signifikant reduzieren lassen. „Dies macht Telemedizin in der Intensivmedizin zu einer der beeindruckendsten Innovationen der letzten 20 Jahre“, unterstreicht Prof. Dr. Hendrik Bracht, Schriftführer des wissenschaftlichen Arbeitskreises Intensivmedizin (WAKI) der DGAI.
Als federführende Fachgesellschaft arbeitet die DGAI daher derzeit auch am Update der Leitlinie „Telemedizin in der Intensivmedizin“, die in diesem Zusammenhang gleich auf S3-Niveau angehoben werden soll. Ziel ist es, eine nationale standardisierte elektronische Datenerfassung mittels Telemedizin für die universitäre Forschung zu etablieren und dauerhaft zu unterstützen. „Pro Patient und Stunde erheben wir 1000 Daten, das ist ein Datenschatz, den wir natürlich schützen müssen, aber der uns zugleich enorme Möglichkeiten bietet – zum Beispiel, um bestimmte Muster zu erkennen und genau danach zu behandeln“, erläutert Prof. Marx. „Das hilft uns in der Zukunft, Patientinnen und Patienten so individuell wie möglich zu behandeln und ihre Überlebenschancen somit deutlich zu erhöhen.“
Als Präsidentin des Berufsverbandes Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) warnt Prof. Dr. Grietje Beck jedoch im Zuge der bevorstehenden Krankenhausreform vor finanziellen Engpässen auch in der Intensivmedizin. „Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Anästhesiologie und Intensivmedizin im Gesetzesentwurf nicht ausreichend abgebildet werden“, erklärt sie. Ändere sich an dieser Ausgestaltung nichts, droht dem Fachbereich eine Unterfinanzierung. BDA und DGAI haben daher vorgeschlagen, anästhesiologische und intensivmedizinische Kosten im Zuge der Reform als separate Vorhaltekostenanteile zusätzlich zu den sonstigen Vorhaltekosten auszugliedern.
Anlässlich des Tages der Intensivmedizin macht Prof. Beck deutlich: „Die Arbeit aller Fachkräfte in der Anästhesiologie und Intensivmedizin verdient höchste Anerkennung und Unterstützung – sowohl auf fachlicher als auch auf politischer Ebene.“ Die Einführung von Intensivzentren und die Förderung von Telemedizin seien wichtige Schritte in die richtige Richtung. Nun liege es an der Politik, die finanziellen Sicherheiten dafür zu schaffen.
Nürnberg. Der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) übt erneut scharfe Kritik an der Hybrid-DRG-Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums. Anlass ist die jüngste Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Abrechnung präanästhesiologischer Untersuchungen nach der neuen Verordnung. Die KBV teilt darin die Entscheidung des GKV-Spitzenverbandes mit, dass diese Untersuchungen bereits mit der Hybrid-DRG-Fallpauschale vergütet sei. Eine separate Abrechnung ist daher nicht möglich.
Die KBV war mit einem Beschlussentwurf zur Abrechnung der präanästhesiologischen Untersuchung im Zusammenhang mit den Hybrid-DRG an den GKV-Spitzenverband herangetreten, nachdem sich der BDA und einige kassenärztlichen Vereinigungen mit der Bitte um Klärung an sie gewendet hatten. In der Mitteilung hält die KBV nun fest, dass die aktuelle Rechtslage keine Möglichkeit bietet, die Position des BDA durchzusetzen.
Ungeklärt ist ferner die finanzielle Regelung für den Fall, dass der geplante Eingriff nicht durchgeführt werden kann, die präanästhesiologische Untersuchung aber bereits stattgefunden hat. Hier sehen KBV und GKV-Spitzenverband Regelungsbedarf und planen weitere Beratungen.
Für den BDA setzt sich damit die politische Fehlsteuerung fort, die mit dem Erlass der Hybrid-DRG-Verordnung durch das Bundesgesundheitsministerium begonnen hat. Der BDA hatte mehrfach kritisiert, dass die Verordnung zu wirtschaftlichen Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Berufsgruppen führt. „Nun zeigt sich einmal mehr, dass sich ein schlecht gemachtes Gesetz in der Anwendung demaskiert,“ erklärt Dr. Markus Stolaczyk, Leiter des Bereichs Gesundheitspolitik im BDA. Er fordert: „Präanästhesiologische Untersuchungen müssen nach dem EBM berechnungsfähig bleiben.“ Gerade im Hinblick auf die notwendige Aufteilung der Abrechnung zwischen Operateuren und Anästhesie durch die Einführung der Hybrid-DRG sei es wichtig, dass jeder Teil der OP genau definiert und dementsprechend berechnungsfähig ist. Das gilt insbesondere für die präanästhesiologische Untersuchung. „Unsere Kolleginnen und Kollegen haben schon Vereinbarungen zur Aufteilung getroffen unter der Annahme, dass die präanästhesiologische Untersuchung berechnungsfähig ist. Die gesamte Gemengelage ist unhaltbar, angefangen von einer Rechtsverordnung vom 21.12.2023 mit Wirkung zum 1.1.2024 ohne Detailregelungen eindeutig zu klären“, sagt er.
Dr. Frank Vescia, stellvertretender Präsident des BDA, beobachtet seit längerem wachsenden Unmut unter Deutschlands Anästhesistinnen und Anästhesisten: „Dieser Punkt reiht sich in eine lange Liste von Kritikpunkten ein, die der BDA unmissverständlich gegenüber allen Verantwortlichen dargelegt hat. Die Hybrid-DRG-Verordnung für 2024 lässt viele Sachverhalte ungeregelt, die Anästhesie ist in keiner Weise ausreichend berücksichtigt. Unsere Kolleginnen und Kollegen verlieren das Vertrauen in die Politik und die Selbstverwaltung. Und das ist mehr als verständlich, wenn Regelungen erst getroffen werden, nachdem die Verordnung schon seit einem halben Jahr gilt.“
Der BDA ruft die zuständigen politischen Gremien dazu auf, die bestehenden Lücken im Gesetzestext zu schließen und eine faire und transparente Abrechnung für den gesamten Prozess ambulanter Operationen sicherzustellen.
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Nürnberg/Mainz. Der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) zeigt sich erfreut über die breite Zustimmung, die ein Antrag zur intravenösen Sedierung auf dem 128. Ärztetag erhalten hat. Unter dem Titel „Intravenöse Sedierung erfordert ärztliche Kompetenz“ war der Antrag von Prof. Dr. Jörg Weimann, Abgeordneter der Landesärztekammer Berlin und Vorsitzender des BDA-Landesverbandes Berlin, Frau Dr. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, sowie von anästhesiologischen Delegierten verschiedener Landesärztekammern eingebracht worden.
Mit seinem Beschluss hat der 128. Deutsche Ärztetag festgestellt, dass die intravenöse Gabe von Sedativa dem Arztvorbehalt unterliegt und bei Delegation an nichtärztliches Personal ausschließlich unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden darf. Eine eigenständige Anwendung durch „nicht“-ärztliche Berufsgruppen, beispielsweise durch Zahnärztinnen und -ärzte, ohne Anwesenheit oder Aufsicht einer Ärztin oder eines Arztes, widerspricht sowohl den Fachinformationen als auch den Leitlinien zu Sedierungen, heißt es in dem Beschluss weiter.
Der BDA warnt daher zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) bereits seit längerem insbesondere davor, dass die intravenöse Verabreichung von Narkosemittel für Patienten im Falle von Komplikationen jederzeit hochriskant sein kann.
Um die entsprechende Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten betont der BDA die Notwendigkeit, dass die intravenöse Sedierung in die Hände erfahrener und speziell ausgebildeter Fachärztinnen und -ärzte mit entsprechender apparativer Ausstattung zur Überwachung und Unterstützung der lebenswichtigen Funktionen zu legen ist.
Schon vor Jahren hatten der BDA, die DGAI und der Berufsverband der Deutschen Chirurgen gemeinsam die „Vereinbarung zur Qualitätssicherung ambulanter Anästhesie“ verfasst, die bis heute Gültigkeit besitzt. Darin sind unter anderem die räumlichen Anforderungen für Narkosen bei ambulanten Operationen sowie die Qualifikation von Anästhesistinnen und Anästhesisten und ihres Assistenzpersonals festgehalten.
„Die breite Zustimmung des 128. Ärztetages zu unserer Sichtweise unterstreicht die Bedeutung der ärztlichen Kompetenz bei der intravenösen Sedierung und bestätigt, dass die Sicherheit und das Wohlergehen der Patientinnen und Patienten stets oberste Priorität haben müssen.“ hält BDA-Präsidentin Prof. Dr. Grietje Beck vor diesem Hintergrund fest.